Energie-Experte Dr. Manfred Breitenkamp zur Vergabe des Gasnetzes Berlin: „Ich rate zu einer Verhandlungslösung.“

Dr. Manfed Breitenkamp im Interview über die Vergabe der Gasnetzkonzession.

Was war Ihre spontane Reaktion, als Sie von der Vergabe der Gaskonzession an das landeseigene Unternehmen „Berlin Energie“ erfuhren?
Dr. Manfred Breitenkamp: Für mich bedeutet dies eine Zerschlagung eines wichtigen und erfolgreichen Berliner Unternehmens und die Reduzierung der Gasag auf einen von vielen Gashändlern. Ich bin mir nicht sicher, ob „Berlin Energie“ qualifiziert genug für den Betrieb des Gasnetzes ist und ob es die nötigen Investitionen managen kann.

Was bedeutet es klimapolitisch, die Gas-Konzession an „Berlin Energie“ zu vergeben statt an die Gasag?
Dr. Manfred Breitenkamp: Nichts! Schon Ende der 90er Jahre hat der Berliner Umweltsenator mit der Gasag als erstes Berliner Unternehmen ein Abkommen über sparsame Energieverwendung (heute Klimaschutzabkommen) geschlossen. Das war sehr erfolgreich und hat die Gasag zu einem Energiedienstleiser entwickelt.

Berlin will bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. Macht es da Sinn, einen neuen landeseigenen Netzbetreiber aufzubauen, in das eine Milliarde Euro investiert werden muss?
Dr. Manfred Breitenkamp: Nein, das entspricht einem politischen Dogma. Ende der 90er Jahre (in Berlin 1997-1999) war die Privatisierung von öffentlichem Eigentum der ideologische Renner. Kommunale Daseinsvorsorge, von der ich damals sprach, war für die politischen Akteure ein Fremdwort. Heute ist Rekommunalisierung auf der politischen Agenda.

Die Vergabe der Gaskonzession ist nicht nur politisch, sondern auch rechtlich mehr als umstritten. Ist das rechtliche Risiko für das Land Berlin beherrschbar?
Dr. Manfred Breitenkamp: Angesichts der anstehenden Klagen, die sich zu einem zeitraubenden Rechtsstreit entwickeln können, rate ich zu einer Verhandlungslösung. Ziel könnte eine Beteiligung des Landes Berlin sein oder von „Berlin Energie“.

Dr. Manfred Breitenkamp ist ehemaliger Abteilungsleiter Umwelt beim Berliner Senat.